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Exkurs: Schrottspiele

Zuletzt aktualisiert am 7. Dezember 2022 von DarkISI

Ich hatte dazu auch schon was auf Facebook gepostet, aber eigentlich ist das auch glatt einen länger „haltbaren“ Artikel wert.

Es gibt immer mal wieder Spiele, bei denen es einem kalt den Rücken runter läuft. Leider nicht, weil es gut gemachte Horrorspiele sind, sondern weil die Spiele einfach abgrundtief schlecht und dumm sind. Große Übeltäter finden sich hier im Kinderspielebereich. Stupides Abwürfeln ohne eigenes Nachdenken ist dabei an der Tagesordnung. Wer mehr Würfelglück hat, gewinnt. Irgendwie geartete Strategie oder eine Möglichkeit, selbst kleinste Entscheidungen zu treffen? Fehlanzeige.

Viele „Entwickler“ (ja, das gehört in Anführungszeichen) von Kinderspielen halten Kinder offenbar für komplett unfähig, eigene Entscheidungen zu treffen. Wo kämen wir da auch hin, wenn sie beim Spielen nachdenken müssten. Paradebeispiele für solchen Unfug sind so Übeltäter wie Tempo kleine Schnecke oder bei uns gerade: Die verflixte 6.

In beiden Fällen wird einfach so lange gewürfelt, bis jemand gewonnen hat. Niemand tut irgendwas selbst.

Bei den Schnecken bewegt jedes Kind die Schnecke immer um das Würfelergebnis vor und wer zuerst im Ziel ist, hat gewonnen.

Bei der 6 würfeln alle abwechselnd und bei jedem Wurf darf ein Stecker in eine Zahl gesteckt werden. Wenn schon ein Stecker steckt, muss man den nehmen. Würfelt man die 6, ist der Stecker endgültig weg und kommt nicht wieder. Hier muss man also nie etwas nehmen. Gewonnen hat, wie könnte es anders sein, die Person, die als erste keine Stecker mehr hat.

Irgendwelchen Einfluss hat hier niemand. Wenn ich ehrlich bin, merken die Kinder nicht mal, dass es komplett sinnlos ist. Sie sind sogar traurig, wenn mehrmals die gleiche Person gewinnt, weil sie ja so viel besser spielen würde …

Kinder kriegen also sogar noch beigebracht, dass Zufall steuerbar wäre (und wir wundern uns, warum Menschen solche Schwierigkeiten damit haben, Zufall zu verstehen).

Dabei könnten beide Spiele relativ simpel und sogar für Kinder weiterhin verständlich so gestaltet werden, dass sie nicht mehr nur purer Zufall sind.

Schnecken könnte man durch einen zweiten Würfel, der einen Bonus oder Malus gibt, aber nicht geworfen werden muss simpel verbessern. Plötzlich kann man Entscheidungen treffen. Es ist immer noch purer Zufall, aber es gibt ein Steuerungselement. Geht man kurz vor Schluss das Risiko ein, um noch einen knappen Sieg herauszuholen (oder plötzlich zurückgeworfen zu werden) oder lässt man es und sieht die anderen an sich vorbeiziehen?

Und Die verflixte 6? Einfach die Möglichkeit hinzufügen, weiter würfeln zu dürfen. Ich habe meinen Stecker in eine 1 – 5 stecken dürfen? Super, ich darf nochmal. Muss aber nicht (wenn schon 4 Stecker stecken, will ich womöglich gar nicht das Risiko eingehen). Ich habe eine 6 gewürfelt? Ich muss nochmal. Ich musste einen Stecker nehmen? Ich muss aufhören.

Gar nicht so schwer, oder? Habe ich etwa zwei Sekunden für gebraucht, um auf die Lösung zu kommen.

Und warum haben das die „Spieleentwickler“ selbst nicht getan? Na, weil Kinder gerne für dumm gehalten werden. Man glaubt nicht, dass sie mit „komplexen“ Spielen klar kommen.

Das ist totaler Quatsch.

Ich spiele mit meinen Kindern Zombie Kidz seit sie 3 sind. Zombie Teenz mit 4. Kinder kriegen das hin. Können sie die Spiele alleine spielen? Nein, weil sie nicht lesen können. Aber zusammen? Ja. Sie kennen die Regeln. Und können auch durchaus schon strategische Entscheidungen treffen. Sind es immer die besten Entscheidungen? Nicht unbedingt. Aber sie lernen, dass sie sich über Strategien und Lösungsansätze Gedanken machen können und müssen.

Warum vermitteln wir Kindern in Kinderspielen nicht immer, dass sie selbstständig überlegen können? Warum müssen sie für dumm gehalten werden?

Und bei euch? Wie sieht es bei euch aus?

Welche dummen Kinderspiele ohne denken gehen euch auf den Zeiger? Oder welche komplett hirnlosen Spiele für Erwachsene werden von dieser einen Person immer wieder rausgekramt und ihr müsst euch da durchquälen?

9 Gedanken zu „Exkurs: Schrottspiele

  • Maniac

    Ich stimme Dir da grösstenteils zu. Da gibt es tatsächlich viel Müll da draußen. Dabei gibt es aber auch doch ein paar gute Spiele, die jedoch meist erst für ein höheres Alter vorgesehen sind.

    Mit unserem sechsjährigen Junior spielen wir gerne Spiele die ab 8 oder ab 10 sind und bei denen nicht gelesen werden muss. Oder wir regeln den Anteil an Leseelementen raus, soweit möglich.
    Auch wenn es nicht die Creme de la Creme der Spiele ist, wir spielen gerne und viel Siedler von Catan mit ihm weil er da etwas planen und rechnen muss und das klappt hervorragend. Wir nehmen nur die Fortschrittskarten mit viel Text raus. Ein Spiel bei dem er uns mittlerweile auch regelmäßig Nass macht ist Minecraft – Das Brettspiel. Der Klassiker „Labyrinth“ regt ihn zum nachdenken und mehrere Schritte im Vorraus planen ein.

    Seine Lehrerin meint dass die Spiele die wir mit ihm spielen ihn unglaublich gut fördern und er wohl dadurch im lesen und Schreiben einer der besten der Klasse ist.

    Gute Spiele sind so wichtig 🙂

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    • SohmBee

      Ich stimme dir auch in vielen Punkten zu aber gerade Spiele wie Tempo kleine Schnecke finde ich gut für Kinder unter drei um erste Berührungspunkte zu bekommen zu Farbunterschiede, Feinmotorik durch ziehen und würfeln und vor allem Geduld beim spielen mit mehreren Kindern.
      Mehr erwarte ich von Spielen für U3 Kinder nicht 😉

      Antwort
      • Ja, ich muss sagen, Tempo kleine Schnecke war keine ideale Wahl, um sich darüber aufzuregen. Das Spiel ist tatsächlich als Farblehrspiel gedacht und diesen Job erfüllt es ganz gut.
        Das Problem ist hier eher darin zu suchen, dass das Spiel noch immer in Kindergärten ausliegt, obwohl es eher in die Krippe gehört.
        Ich habe es im Kopf daher für mich als Kindergartenspiel abgespeichert (wo es mich als Kind schon angekotzt hat).

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        • SohmBee

          Ja für die größeren ist es wirklich nicht mehr unterhaltsam. Aber das ist leider ein generelles Problem von Einrichtungen, dass nur schleppend das Inventar erneuert wird.

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  • ToM

    Ja, gute Spiele sind so wichtig im Kindergarten- und Grundschulalter. Allerdings würde ich Würfelspiele nicht per se so schlecht sehen. Wenn wir als Familie spielen finde ich es wichtig, dass auch die Großen sich nicht langweilen, daher ist als Chancenausgleich zwischen den Generationen das Element Würfel nicht zu verachten.
    Sehr fein für Grundschulkinder ist das ganz neue „Würfelhelden“ von Amigo. Die Spieler treffen Entscheidungen und dennoch spielt auch der Zufall mit.
    Aber auch bei Battletech können wir ja ein Lied von Doppel 6 oder Doppel 1 singen, nicht wahr?

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    • Klar, Würfel und Zufall gehören dazu. Aber es sollte eben nicht nur stuoides Abwürfeln sein. Auch Kinder haben mehr verdient.
      Selbst Villen des Wahnsinns nutzt Würfel. 😉

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  • Tim

    Ich kann noch Würfelkönig und 5 Minuten Düngen empfehlen.

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    • Tim

      Düngen sollte Dungeon heißen.

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      • Wobei 5 Minuten Düngen schon nach einer lustigen Spielidee klingt 😀

        Antwort

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