MechWarrior 5: Shadow of Kerensky – Licht und Schatten
Ich muss sagen, ich hatte mich sehr auf Shadow of Kerensky gefreut. Dank des cinematischen Trailers hatte ich den Eindruck, dass wir uns erzähltechnisch näher an MechWarrior 5 Clans bewegen als an der erzählerischen Vollkatastrophe die MechWarrior 5 Mercenaries war und ist.
Das tun wir. Keine Frage. Aber … und das Aber ist dann leider doch größer als ich dachte. Nicht nur erzählerisch. Aber der Reihe nach.
Rückschritt in der Bedienung
Wer sich zuletzt an die Bequemlichkeit von MechWarrior 5: Clans gewöhnt hatte, wird in Shadow of Kerensky schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, dass ihr eben wieder in Mercenaries seid.
Befehle auf der Karte? Weg.
Lanzenmitglieder in die Reparaturhangars schicken? Wo kämen wir da hin?
Das Spiel merkt sich die Waffengruppen, nachdem ich sie in der Mission konfiguriert habe? Pustekuchen.
Gerade letzteres lässt mich meinen Kopf kratzen ob der Absurdität dieses Rückschritts und ich habe denselben Mech über drei Missionen immer wieder zu Missionsbeginn umkonfiguriert, weil die automatische Waffengruppenverteilung sich auf dem intellektuellen Niveau eines Golden Retrievers vor dem Fressnapf befindet. Bei der vierten Mission habe ich aber endlich dran gedacht das noch schnell im Mechlab zu machen, bevor ich dann die Mission gestartet habe.
Bedrohlichkeit gesucht
Die Clans sind gefährlich und bedrohen die gesamte Innere Sphäre!
Das Spiel wird nicht müde, mir das immer und immer wieder mitzuteilen. Auf der Tonspur.
Spielerisch merke ich davon wenig. Das Prinzip Tontaubenschießen bleibt auch in Shadow of Kerensky erhalten. Was bedeutet, ich löte in einer Mission so viele Clanner weg, dass die sicher irgendwo eine Horde Iron Wombs haben, nur um mich mit neuen Zielen zu versorgen. Oder Star Wars Clone Trooper.
Leider ist das die Grundmechanik von MechWarrior 5. Sie war im Grundspiel schon fragwürdig, sie ergab in MechWarrior 5 Clans sogar noch irgendwo Sinn, weil ich als Clanner gegen die technologisch unterlegene Innere Sphäre angetreten bin … sie ruiniert die Bedrohung der Clans in Shadow of Kerensky. Denn wenn ich in jeder Mission ein halbes Dutzend oder mehr Sterne an Clannern wegbrezel, dann sind die Clans einfach nicht bedrohlich.
Hinzu kommt noch die Reisemechanik der Sandbox in Mercenaries, durch die ich zwischendurch einfach mal frei über die Karte reisen kann. Ich kann theoretisch auch an mehreren Stellen jahrelang andere Aufgaben erledigen und die Clan Invasion bis in die ilClan Ära ziehen. Nur an wenigen Stellen hat das Spiel mich gezwungen dann auch tatsächlich mal die Missionen weiter zu spielen.
Dafür macht es dann immerhin Spaß, wenn ich endlich Clan Mechs habe mit denen loszulegen. Denn das Balancing hat PGI ganz klar an das Universum und das Tabletop angepasst: Die Clans sind einfach besser! Die Mechs sind schneller, haben mehr Waffen mit höherer Reichweite und die Waffen richten auch noch mehr Schaden an.
Das erwarte ich in einem Single Player Spiel auch, dass da so läuft und das liefert PGI.
Gute Story, aber …
Da ist es wieder, das Aber. Wir werden es einfach nicht los.
Die Story ist gut. Meine Erwartung war leicht anders, was den Hintergrund des Vaters meines Spielcharakters angeht, aber auch nicht so viel anders, dass ich vollkommen überrascht werde. Spoilern will ich hier aber nichts, daher müsst ihr damit Vorlieb nehmen.
Wie zu erwarten war geraten wir voll in die Clan Invasion und sollen zu Beginn erstmal „Piraten“ bekämpfen. Die komischen Piraten nennen sich aber Clan Wolf und haben plötzlich seltsame Mechs und brutale Waffen. Aber wie ich oben schon sagte: Die Bedrohung kommt spielerisch nicht wirklich auf und nur weil mir die das immer wieder über Funk gesagt wird, fühlt es sich nicht so an.
Auf der Haben-Seite wurden die Charaktermodelle verbessert. Endlich ist Ryana keine steife Stockfigur mehr.
Das hilft aber auch nicht darüber hinweg, dass die Inszenierung diesmal leidet. Versteht mich nicht falsch, es ist die beste Inszenierung die MechWarrior 5: Mercenaries jemals hatte. Aber sie muss sich halt mit MechWarrior 5: Clans messen. Und das kann sie schlicht nicht.
Ich fiebere nicht mit meinen Lanzenkameraden mit und wenn der Mechhangar in den Zwischensequenzen auftaucht, dann haben die gezeigten Mechs so gar nichts mit denen zu tun, die ich tatsächlich ins Feld führe.
Hier hat PGI die eigene Messlatte deutlich höher angelegt als sie innerhalb der Begrenzungen von Mercenaries schaffen können. Wie soll auch eine Bindung zu meinen Begleitern entstehen, wenn ich sie jederzeit austauschen kann?
Immerhin haben die austauschbaren Begleiter nun Spezialfähigkeiten, was cool ist. Aber warum kann ich die Beschreibungen der Spezialfähigkeiten nicht im Missionsscreen lesen? Ich muss Lanzenzuteilung verlassen und in die Baracke wechseln um lesen zu können, was die Fähigkeiten bedeuten. Das ist absurd umständlich.



Und als ich zum ersten Mal wieder durch das DropShip zu Ryana laufen musste kamen Horrorflashbacks hoch. Aber es ist immerhin nicht mehr nach jeder Mission nötig.
Und wo wir gerade bei den Missionen waren …
Die schaffen es leider auch nicht an das Niveau und die Abwechslung von Clans heran.
Von den beworbenen 12 Missionen gibt es im Grunde nur 6 oder so wirklich. Der Rest sind die gewohnten Standardmissionen mit ein paar eingesprochenen Storyhappen. Sorry, aber das war nun wirklich nicht nötig und hier hätte es mehr sein müssen.
Wer übrigens auf ein Cameo der Charaktere aus MechWarrior 5: Clans gehofft hat, der wird enttäuscht. Es gibt leider keine Überschneidungen.
Das Mechlab
Das Mechlab wurde wie angekündigt umgebaut, um OmniMechs zu unterstützen. Das tut es nun auch, aber … es sind MechWarrior 4 OmniMechs. Das heißt, es gibt ein paar fest Slots für spezielle Waffengattungen in verschiedenen Größen und dann haben manche OmniMechs auch tatsächlich noch ein paar vereinzelte Omnislots, in die ich alles stecken kann. Also, solange ich keine große Waffe in einen mittleren Slot stecken will …
Mein Dire Wolf hat dagegen erst gar keinen Omnislot.

Das erinnert wenig an echte OmniMechs. Immerhin schummeln sie sich durch eine Zwischensequenz aus der Affäre, indem sie sagen, dass ich die Mechs nicht wirklich in vollem Umfang so nutzen kann, wie die Clans es tun, weil wir die Technologie dahinter nicht verstehen.
Ich habe schon schlechtere Erklärungen für Spielmechaniken in anderen Spielen gesehen. So gesehen kann ich hier mal ein Auge zudrücken. Wer allerdings OmniMechs wie in MechWarrior 5: Clans erwartet hat, der wird enttäuscht.
Fazit
Ist MechWarrior 5 Shadow of Kerensky eine Meisterleistung? Nein, definitiv nicht. Ich hatte an vielen Stellen mehr erwartet und vielleicht ist das auch der Grund für meine Enttäuschung. Aber ich kann das Missionsdesign an vielen Stellen auch einfach nicht schönreden und es gibt zu viele Dinge, die mich stören.
Für die Story kann ich immerhin noch 7 Punkte vergeben.
Für das Missionsdesign aber nicht mehr als 5 und wenn hier jemand noch weniger gibt, dann kann ich das voll und ganz verstehen.
Im Ergebnis landen wir damit bei 6 von 10 möglichen Punkten.